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Eine häufig gestellte Frage von Menschen mit Angststörungen und von Menschen, die Angststörungen in ihrer Familie haben, ist, ob Angststörungen vererbt werden können. In diesem Beitrag erklären wir, was die Forschung dazu sagt und was du tun kannst, wenn du die Sorge hast, deine Kinder könnten auch eine Angststörung entwickeln.
Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen, dass eine Angststörung eine komplexe Störung ist, die durch eine Kombination von genetischen, biologischen und Umweltfaktoren verursacht wird. Die Forschung zeigt zwar, dass eine genetische Veranlagung für Angststörungen existieren kann und dass Angststörungen innerhalb von Familien mit ängstlichen Eltern oder Großeltern tatsächlich gehäuft auftreten, aber das hat viele Gründe. Es gibt keine spezifischen Gene, die direkt mit Angststörungen verbunden sind. Und ein weiterer wichtiger Punkt ist: Nur weil eine genetische Veranlagung möglicherweise besteht, heißt das noch lange nicht, dass die Angststörung auch ausgelöst wird. Dazu kommen weitere Faktoren hinzu. Die sozialen Faktoren sind jedoch meist ausschlaggebend.
Wenn dir in verschiedenen alltäglichen Situationen auffällt, dass dein Kind ungewöhnlich starke Ängste in bestimmten Situationen besitzt, solltest du zuallererst offen mit deinem Kind sprechen und die Ängste nicht tabuisieren. Du solltest offen über eigene Erfahrungen sprechen, denn durch das Teilen deiner Erfahrungen verstehen deine Kinder, dass Ängste erstmal nichts Schlimmes sind, und dass sie lernen können, damit umzugehen.
Das Beste gegen Ängste ist auf jeden Fall, dass du deinem Kind frühzeitig beibringst, Vermeidungsverhalten abzubauen. Was bedeutet das? Wenn dein Kind bspw. Angst hat, die Rutsche auf dem Spielplatz zu rutschen, vielleicht weil es zuvor eine schlechte Erfahrung gemacht hat oder sich dabei weh getan hat, sollte es mit dir zusammen die Erfahrung schnellstmöglich wiederholen, um die schlechte Erfahrung mit einer guten zu ersetzen. Vermeidung steht immer am Anfang einer Angstkarriere.
Darüber hinaus kannst du deinem Kind auch kleine Coping-Strategien vermitteln, also Bewältigungsstrategien wie Atemübungen oder Autosuggestionen (z.B. der Spruch “Ich schaffe das”). Gerade, wenn die Angststörung noch nicht so weit vorangeschritten ist, können kleine Bewältigungstechniken die Angst im Keim ersticken und dazu beitragen, sich schneller wieder mit den Ängsten zu konfrontieren. Ziel ist es, am Ende die Coping-Strategien gar nicht mehr zu gebrauchen. Denn nur auf Coping-Strategien zu setzen ist ebenfalls kontraproduktiv, denn Coping-Strategien wirken langfristig auch angstaufrechterhaltend. Der Abbau von Vermeidung ist absolut entscheidend und steht über allem.
Was kannst du noch tun? Insgesamt zeigen Studien, dass eine liebevolle und unterstützende Familie und Umgebung das Risiko von Angststörungen bei Kindern erheblich reduziert. Unterstützung heißt aber nicht Überbehütung, denn Überbehütung ist ebenso kontraproduktiv, was Ängste anbelangt. Gib deinen Kindern den nötigen Raum und die Freiheit, sich selbst zu entfalten und ihre eigenen Entscheidungen zu treffen.
Wenn sich deine Kinder sicher und unterstützt fühlen, können sie sich besser entwickeln und gedeihen. Das macht sie mutiger und selbstbewusster. Und sei dir bewusst: Du bist Vorbild. Wenn du Angst vor Spinnen hast und beim Anblick einer kleinen Hausspinne immer panisch den Raum verlässt, lernt dein Kind diese Reaktion und adaptiert sie.
Der größte Auslöser von Angststörungen ist übrigens Stress in all seinen Facetten. Daher ist es wichtig, stressige Situationen für Kinder möglichst zu reduzieren und für sie eine ruhige Umgebung zu schaffen. Besonders im häuslichen Umfeld. Wenn es in der Familie ständig Spannungen gibt, ist das Wichtigste, dass du als Elternteil diese zunächst schnellstmöglich löst, indem ihr miteinander sprecht oder ggf. auch professionelle Unterstützung in Anspruch nehmt.
Und woran erkennst du jetzt, dass deine Kinder zu Angststörungen neigen? Mögliche Anzeichen von Angststörungen bei Kindern können sein: Schlafprobleme, Vermeidung sozialer Situationen, übermäßige Sorgen oder ständiges Klagen über körperliche Beschwerden. Wenn du Bedenken haben, sprich am besten mit einem Kinderarzt oder Kinderpsychotherapeuten darüber.
Insgesamt sollte in diesem Beitrag nochmal sehr deutlich werden: Selbst, wenn du alles richtig machst, gibt es keine Garantie dafür, dass deine Kinder im Laufe des Lebens keine Angststörung entwickeln werden. Indem du jedoch deinem Kind hilfst, Vermeidungsverhalten abzubauen, und das Kind versteht, dass Vermeidung Ängste nur verstärkt und verschlimmert, und du parallel dazu eine unterstützende Umgebung schaffst, Coping-Strategien vermittelst, Stress reduzierst und das Thema nicht tabuisierst, kannst du das Risiko von Angststörungen bei deinen Kindern deutlich reduzieren und so die psychische Gesundheit deiner Kinder fördern.
Autor: Dr. Ulrich Weber